Call for Abstract: It’s the (bio)economy, stupid! The future of growth and the promise of the bioeconomy

Extended Deadline until 30th April!

Workshop from 7th – 8th October 2020, Friedrich-Schiller-University Jena, Germany.

The aim of our workshop is to discuss the relationships between the bioeconomy and economic growth from a multidisciplinary and global perspective. We want to foster an exchange between debates on the ecological and social implications of the bioeconomy and critical debates on sustainable growth, green growth and degrowth.

We welcome contributions from different academic fields such as sociology, political ecology and economy, human and critical geography, social ecology, history, philosophy, economics etc. Contributions may be based on theoretical analyses, case studies, empirical investigations, comparative or in-depth studies.

If you are interested in contributing to the workshop we invite you to submit an abstract of max. 500 words to flumen@uni-jena.de until April 30th, 2020. Draft papers will be due until September 18, 2020. Workshop discussions will be based on the draft papers, aiming to develop them further for a possible publication.

You will find more Information here.

Call for contributions: The bioeconomy as a blueprint for the postfossil society? Contours of the social after coal and oil

A set of sessions at the 7th International Degrowth and 16 th ISEE Joint Conference: Building Alternative Livelihoods in times of ecological and political crisis.
Manchester 1 to 5 September 2020.

We invite you to send us your abstracts of no more than 250 words until March 6, 2020 to:
flumen@uni-jena.de

More Information here.

The event is a collaboration between Junior Research Group Mentalities in Flux, Friedrich-Schiller-University Jena, Germany and Junior Research Group BioInequalities, Friedrich-Schiller-University Jena, Germany

Postwachstum trifft Postsozialismus – Was können wir für die sozial-ökologische Transformation von der postsozialistischen Transformation lernen?

Am 30.01.2020 lud der Erzählsalon Rohnstock-Biografien in Berlin verschiedene ExpertInnen und WissenschaftlerInnen zum Thema „Postwachstum trifft Postsozialismus“ ein.

Auf der Suche nach alternativen Gesellschaftsentwürfen werden derzeit einige Ansätze diskutiert. Einer dieser Ansätze nennt sich „Postwachstum“. Hierbei wird eine grundlegende Kritik am Wirtschaften kapitalistischer Gesellschaften und deren Wachstumsparadigma formuliert. VertreterInnen dieses Ansatzes erforschen wachstumsunabhängige Gesellschaften und wie deren Produktions- und Lebensweisen sozial und ökologisch gerecht ausgerichtet werden kann. Für einen solchen Transformationsprozess bedarf es einen tiefgreifenden und emanzipatorischen gesellschaftlichen Wandel.

Der Erzählsalon brachte VertreterInnen des Postwachstums mit ExpertInnen des Postsozialismus zusammen, damit aus dem vergangenen postsozialistischen Transformationsprozess für die anstehende Transformation gelernt werden kann. Als VertreterInnen des Postwachstums war flumen Forscherin Lilian Pungas vor Ort, um aus ihren Forschungen über Osteuropa zu berichten.

Weitere Informationen zur Veranstaltung finden Sie hier.

Auch die Medien waren vor Ort und berichteten anschließend darüber.
Berliner Zeitung
junge Welt
neues Deutschland

Wissenschaftsjahr Bioökonomie eröffnet mit Eindrücken aus BEPASO-Projekt

Berlin 16.01.2020. Jana Holz und Lilian Pungas waren für flumen im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in Berlin beim Abschlussworkshop des Projekts „BEPASO – Bioökonomie und gesellschaftlicher Wandel“, das verschiedene Szenarien einer Bioökonomie in Deutschland in 2050 entwickelte. Dieser fand zeitgleich zur Eröffnung des Wissenschaftsjahr Bioökonomie im FUTURIURUM statt, welches ein Jahr voller Veranstaltungen, Diskussionen und Projekten rund um die Bioökonomie einleitet – und die Veröffentlichung der neuen Bioökonomie-Strategie der Bundesregierung beinhaltete. Bioökonomie und gesellschaftliche Debatten um die Entwicklung dieser sind also mehr als am Puls der Zeit!

Die Projektpartner von BEPASO stellten die Ergebnisse aus Repräsentativbefragungen, Modellierungen sowie Stakeholderworkshops und -befragungen vor. Methodisch griffen sie u.a. auf die Delphi-Befragung und Szenarioentwicklung zurück, um mögliche Zukünfte einer Gesellschaft und Wirtschaft im 2050 in Bezug auf verschiedene Aspekte der Bioökonomie zu entwickeln. So wurden Konsum, Produktion, Mobilität, Energieversorgung, Landwirtschaft, Flächennutzung, Naturschutz uvm. in die Szenarioentwicklung einbezogen. Vorgestellt wurden die Szenarien „Bioökonomie am Tropf“ – im Endeffekt ein „weiter so“, 2050 ist also Bioökonomie weiterhin ein Nischenthema und die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen hoch, ebenso wie die Konsummuster der Bevölkerung; „Bioökonomie-Inseln“, in welchem sich bestimmte Teile der Wirtschaft in Richtung einer Bioökonomie weiter entwickeln und es kleinere Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft gibt, die jedoch nur einem Teil der Bevölkerung zu Gute kommen und mit großer sozialer Ungleichheit einhergehen; und „Bioökonomie-Wende“, ein feel-good-Szenario, das reduzierte Konsumgewohnheiten, eine klimafreundlichere Mobilität, hochtechnisierte, aber ökologische Landwirtschaft und eine Ausweitung des Naturschutzes kombiniert.

Für flumen konnten wir für unsere geplante Befragung vor allem methodische Anregungen mitnehmen sowie in BEPASO das komplexe Zukunftsthema Bioökonomie allgemein verständlich herunter gebrochen und grafisch ansprechend dargestellt wurde. Interessant war für uns ebenfalls, inwieweit alle Szenarien sehr technik-optimistisch waren und welche Rolle soziale Aspekte (z. B. erhöhte soziale Ungleichheit) in den Szenarien und für die Szenarioentwicklung spielten. 

Neuer Artikel von Matthias Schmelzer

Matthias Schmelzer hat gemeinsam mit Elena Hofferberth (Leeds) einen Artikel in der Politischen Ökologie veröffentlicht unter dem Titel „Gekoppelt wird ein Schuh draus: Green New Deal versus Degrowth”

Den Artikel finden Sie hier.

Wissenschaftlichen Mitarbeiter für Transfer- und Öffentlichkeitsarbeit mit Koordinationsaufgaben (m/w/d) gesucht

Die Friedrich-Schiller-Universität Jena verbindet: Menschen und Ideen, Wissenschaft und Wirtschaft, Hochschulen und außeruniversitäre Forschung. Verwurzelt im Herzen Deutschlands und vernetzt in alle Welt, prägt sie den Charakter Jenas als zukunftsorientierte und weltoffene Stadt. Am Institut für Soziologie ist im Rahmen der durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Nachwuchsgruppe „Mentalitäten im Fluss. Vorstellungswelten in modernen biokreislaufbasierten Gesellschaften“ (flumen) ab dem nächstmöglichen Zeitpunkt eine Stelle als

Wissenschaftlichen Mitarbeiter für Transfer- und Öffentlichkeitsarbeit mit Koordinationsaufgaben (m/w/d)

zu besetzen.

Die BMBF-Nachwuchsgruppe ‚flumen‘ erforscht aus soziologischer und historischer Perspektive die Voraussetzungen und Folgen eines Übergangs weg vom linearen Fluss fossiler Ressourcen und hin zum zirkulären Fluss nachwachsender biologischer Grundstoffe für Vorstellungswelten und alltagspraktisch verankerte Grundhaltungen (Mentalitäten) sowie Arbeitsteilung und berufliche Zusammensetzung (Sozialstruktur) moderner Gesellschaften. Näheres zu unserer Arbeit unter www.flumen.uni-jena.de.

Ihre Aufgaben:

Der Mitarbeiter (m/w/d) bearbeitet eigenverantwortlich das Transfermodul, in dessen Rahmen die Forschungsergebnisse der Gruppe für eine breitere Öffentlichkeit aufbereitet, nach außen vermittelt und zur Diskussion gestellt werden sollen. Sie/er soll als Teil der Gruppe eng mit deren anderen Mitgliedern zusammenarbeiten und sich auch in inhaltliche Diskussionen aktiv einbringen. Die Aufgaben umfassen die Betreuung der Öffentlichkeitsarbeit der Gruppe, die Organisation von Transferworkshops, die Erstellung sprachlich zugänglicher Berichte zur öffentlichen Vermittlung von Forschungsergebnissen sowie Koordination und Vermittlung von Auftritten der Gruppenmitglieder bei öffentlichen wie wissenschaftlichen Veranstaltungen. Hinzu kommen Aufgaben der allgemeinen Koordination der Forschungsarbeit. Die Möglichkeit zu einer wissenschaftlichen Weiterqualifizierung (Promotion) ist gegeben.

Unsere Anforderungen:

• Erwartet werden Organisationstalent, Fähigkeit zum eigenverantwortlichen Arbeiten und Bereitschaft zur Übernahme von Koordinationsaufgaben, Erfahrung in der Organisation von Veranstaltungen sowie die Fähigkeit zur eigenständigen Gestaltung und kontinuierlichen Betreuung der Außendarstellung der Gruppe;

• Gefragt sind ferner sprachliches und gestalterisches Talent und die Fähigkeit zur allgemein verständlichen Darstellung wissenschaftlicher Befunde in deutscher und englischer Sprache; • Bewerber (m/w/d) sollten zudem Spaß an der Arbeit im Team haben und Interesse an den Debatten um die Bioökonomie und um die post-fossile Zukunft bisheriger Wachstumsgesellschaften mitbringen.

• Voraussetzungen sind ein sehr guter Studienabschluss (Master, Diplom, Magister oder gleichwertig) in einer sozial- oder geschichtswissenschaftlichen oder einer verwandten Disziplin, sehr gute Deutsch- und Englischkenntnisse sowie Erfahrungen in mindestens einem der folgenden Bereiche: Öffentlichkeitsarbeit, Wissenschaftskommunikation, Organisation von wissenschaftlichen und/oder öffentlichen Veranstaltungen, Forschungsorganisation, Koordination von Teams;

• Die Tätigkeit setzt ständige Präsenz am Ort der Nachwuchsgruppe (Jena) voraus

Wir bieten:

• attraktive Nebenleistungen z.B. Vermögenswirksame Leistungen, Job-Ticket (Vergünstigungen für öffentliche Verkehrsmittel), betriebliche Altersvorsorge (VBL)

• ein spannendes Tätigkeitsfeld mit Gestaltungsspielraum

• eine universitäre Gesundheitsförderung und ein familienfreundliches Arbeitsumfeld mit flexiblen Arbeitszeiten

• Vergütung nach den Bestimmungen des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) entsprechend den persönlichen Voraussetzungen bis zur Entgeltgruppe 13.

Die Einstellung erfolgt befristet bis 29. Februar 2024. Es handelt sich um eine 65%-Stelle.

Die Nachwuchsgruppe wird von Dr. Dennis Eversberg geleitet. Nähere Informationen zu Profil und Aufgabenfeld der Stelle erhalten Sie unter Tel.: +49-(0)3641 9-45039 oder dennis.eversberg@uni-jena.de.

Schwerbehinderte Menschen werden bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Qualifikation bevorzugt berücksichtigt.

Bitte richten Sie Ihre Bewerbung mit einer Darstellung ihrer Motivation auf ca. einer Seite und einem aussagekräftigen Lebenslauf per E-Mail bis zum 15.02.2020 an dennis.eversberg@uni-jena.de.

Friedrich-Schiller-Universität Jena
Institut für Soziologie
Dr. Dennis Eversberg
BMBF-Nachwuchsgruppe „flumen“
Humboldtstr. 34
07743 Jena

Wir bitten darum, Ihre Unterlagen nur als Kopien einzureichen, da diese nach Abschluss des Bewerbungsverfahrens ordnungsgemäß vernichtet werden. Bitte beachten Sie auch unsere Bewerberhinweise unter: www.uni-jena.de/stellenmarkt_hinweis.html.

flumen im Fernsehen

Der MDR interviewte Projektleiter Dennis Eversberg im Rahmen des Formates „Mission: Welt retten!“. Thema der Sendung ist, wie sich die Wirtschaft wandeln kann. Die komplette Folge ist in der MDR Mediathek abrufbar.

Neuer Blogbeitrag von Lilian Pungas: Von ostdeutschen Transformationserfahrungen lernen

Mit normativer Wucht und empirisch oft unbelastet arbeiten Degrowth-Bewegte der jüngeren Generationen an der „Großen Transformation“. Für Menschen „mit Transformationshintergrund“ könnte der Reiz solcher Debatten begrenzt sein. So waren etwa die postsozialistischen Umbrüche in den Ländern Mittel- und Osteuropas nach 1989 von hohen sozialen Kosten begleitet und führten zu einer schweren wirtschaftlichen Rezession. Die schnelle Deindustrialisierung dieser Transformationsländer senkte zwar deren CO2-Emissionen deutlich. Sie ging allerdings auch mit einer beispiellosen Arbeitslosigkeit sowie andauernden Marginalisierungs- und Ausgrenzungsprozessen einher. Ein „degrowth by disaster“, das heute enorme soziale Sprengkraft zeigt. Es ist daher alles andere als offensichtlich, warum sich Menschen in den postsozialistischen Ländern für einen weiteren Transformationsversuch begeistern sollten…

Den kompletten Blogbeitrag finden Sie hier.

Postfossile Wirtschaft – Postfossile Gesellschaft?! von Sarah Godding, Jana Holz, Rosa Lehmann, Louise Wagner

Im Rahmen der Konferenz „Great Transformation“ in Jena wurden unter dem Stichwort „Postfossile Wirtschaft – Postfossile Gesellschaft“ drängende Fragen nach Transformationen im Strom- und Wärmesektor, im Bereich des Verkehrs und der Bioökonomie mit Theoretiker*innen und Praktiker*innen diskutiert. Die Autorinnen geben Einblicke in die Debatten und gewähren Ausblicke auf ein komplexes Thema der sozial-ökologischen Transformation.

Teil I: Konturen des Sozialen nach Kohle und Öl

Der erste Teil des Doppel-Panels „Postfossile Wirtschaft – Postfossile Gesellschaft“ stieg mit der recht ernüchternden Feststellung ein, dass sich die Energiebasis in den nächsten 15 Jahren von fossilen hin zu erneuerbaren Energieträgern wandeln muss – und dass damit eine starke Reduktion des Energieverbrauchs verbunden sein wird. Um die Tiefe, Breite und Gesamtheit dieser Transformationsprozesse zu verdeutlichen, öffneten Inputs zu einer historischen Perspektive auf die Nutzung elektrischen Lichts, aktuellen Widerständen gegen den Ausbau der Windenergie in Deutschland und die Komplexität von Antriebs-, Verkehrs- und Mobilitätswende ein breites Themenspektrum.

Michaela Christ von der Europa Universität Flensburg zeichnete die Geschichte der künstlichen Beleuchtung nach und fragte, was die letzte Energietransformation hervorbrachte, ermöglichte, aber auch verdrängte. Dabei stellte sie fest, dass in der vorfossilen Zeit die Möglichkeiten der künstlichen Beleuchtung sehr beschränkt waren und somit der Tages- und Nachtablauf stark davon geprägt war, wie viel Licht zur Verfügung stand: viele Aktivitäten konnten nur zu einer bestimmten (Tages)Zeit gemacht werden, erst im fossilen Zeitalter etablierte sich demgegenüber die Prämisse, dass alles zu jeder Zeit gemacht werden kann, soll und wird. Das künstliche Licht ermöglichte es, auch die dunklen Stunden verfügbar zu machen.

Fazit 1: Mit einer energetischen Transformation wird sich auch das Motto „alles zu jeder Zeit“ ändern müssen.

Die Erzeugung von Energie wurde durch die Förderung unterirdisch liegender Energieträger aus der sichtbaren Landschaft ausgelagert. Dadurch, dass die Energiedichte bei erneuerbaren Energien deutlich niedriger ist, d. h. dass mehr Fläche pro Energieeinheit benötigt wird, stehen starke Veränderungen der Landschaft bevor und sind teils jetzt schon im Gange. Eva Eichenauer vom Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung stellte die hiermit verbundenen Herausforderungen am Beispiel des Ausbaus der Windkraft an Land als Säule der erneuerbaren Energien vor. Dieser geht in Deutschland aktuell allerdings rapide zurück, was auch an massivem Widerstand aus der lokalen Bevölkerung liegt: Viele Bürger*inneninitiativen beklagen neu geplante Windkraftanlagen, wodurch die Genehmigungsdauer deutlich verlängert wird.

Fazit 2: Die Auseinandersetzungen und Kämpfe werden (auch) lokal geführt (werden müssen).

Tobias Haas von der Freien Universität Berlin ergänzte die energetische und elektronische Perspektive um den Verkehr: Auch am Beispiel des Verkehrs lässt sich zeigen, dass die weitreichenden Veränderungen, die notwendig wären, auf große Widerstände stoßen. Während eine Mobilitätswende unabdingbar wäre, welche danach fragt, wer sich wann, warum und wie bewegt und ob sich daran etwas ändern lässt, halten breite Teile der Bevölkerung, der Industrie und Politik mehr oder weniger am Status quo des Autos fest. Wenn überhaupt, wird eine Antriebswende angestrebt, bzw. zumeist weist alleine die Rhetorik auf ein solches Bestreben hin.

Fazit 3: Einzelne umweltschädliche Praktiken sind in komplexe materielle und mentale Infrastrukturen eingebettet – erfolgreiche Transformationen müssen die Verflechtungen dieser beachten.

Fazit aus der ersten Sitzung: Auf allen drei Ebenen – elektrisches Licht, erneuerbare Energien, Verkehr – sollte die Diskussion über eine sozial-ökologische Transformation eng an Gerechtigkeitsfragen gekoppelt sein. Nur dann kann Widerständen begegnet oder ihrem Aufkommen entgegengewirkt werden. Eine Energietransition ist also nicht nur eine Frage ökologischer Transformation, die In- und Outputs reguliert, sie steht auch vor sozialen Herausforderungen, denen sie gerecht werden muss.

Teil II: Zivilgesellschaftliche Praxen für eine Transformation des Energiesystems

Im zweiten Teil der Doppelsession drehte sich die Diskussion um die Perspektiven und Praxen von Akteur*innen, die in Deutschland an der Abkehr vom fossilen Energieregime mitwirken, um so einen Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis zu fördern. Denn wie der Übergang zu einer post-fossilen Gesellschaft aussehen wird und welche gesellschaftlichen Ein- und Ausschlüsse damit verbunden sind, zeigt sich in den konkreten Auseinandersetzungen innerhalb gegebener sozialer und politischer Strukturen.

Gegenwärtig ist in Deutschland der Kohleausstieg ein wichtiger Meilenstein, um CO2 -Emissionen drastisch zu senken, sowie um die Weichen für einen Ausbau erneuerbarer und biobasierter Energien zu stellen. Jutta Schnütgen-Weber vom Zivilgesellschaftlichen Koordinierungskreis Strukturwandel sprach über die Revierperspektiven für das Rheinland: Es gehe darum, Perspektiven für ein „gutes Leben und gute Arbeit“ für alle gemeinsam mit Verbänden und Organisationen, wie etwa aus dem Kreis der Kirchen, und den Bewohner*innen der betroffenen Regionen zu entwickeln. Man könne nicht auf politische Entscheidungen warten. Dazu gehören die Frage nach zukünftigen Arbeitsperspektiven ebenso wie die weitere Entwicklung des ländlichen Raums und der Erhalt des Naturraumes, die Mobilitätsfrage, eine Bildung für nachhaltige Entwicklung, sowie die weitere Vereinbarkeit zwischen Gewerbe, Wohnen und Industrie in der Region. Proteste wie im Hambacher Forst ergänzten sich mit den Politikformen der institutionalisierten Zivilgesellschaft.

Ani Fuchs berichtete von den Klimacamps der letzten Jahre. Dort wurde nicht nur gegen Braunkohleabbau protestiert, sondern sich umfassend mit Themen von erneuerbaren Energien und einem gesellschaftlichen Wandel hin zu einem postfossilen Zeitalter in Verbindung mit Fragen rund um den Abbau sozialer Ungleichheiten befasst. Hierzu gehört die Nutzung der Klimacamps als Mikro-Raum, in dem alternative Formen des Zusammenlebens ausprobiert werden dürfen. Die Reflektion von Ungleichheiten aufgrund von race oder gender im Camp-Alltag sei hierbei ebenso notwendig wie die Auseinandersetzung mit dem eigenen Energieverbrauch und die damit verbundenen Versuche, den gemeinsamen Verbrauch demokratisch zu regulieren, so Ani Fuchs. Ein Grundpfeiler des diesjährigen Klimacamps im Leipziger Land sei die Einbindung des Camps in lokale Dorfstrukturen gewesen, so wurde u. a. ein Dorffest gemeinsam mit den verbliebenen Dorfbewohner*innen organisiert.

Peter Perschke, langjähriger Bürgermeister des Bioenergiedorfes Schlöben in der Nähe von Jena, plädierte dafür, die Energiewende, und damit auch den Übergang zum postfossilen Zeitalter, selber zu machen. Der Schlüssel liege im Fall Schlöben, so Perschke, darin, sich ein Projekt wie die Gründung einer Bioenergiegenossenschaft vorzunehmen und auch gegen Schwierigkeiten umzusetzen. Das erfordere viel Arbeit und einen klaren Plan, worauf das Projekt abziele, lohne sich aber nichtsdestotrotz langfristig. Perschke betonte, dass auch das Vertrauen skeptischer Bewohner*innen wichtig sei, und er und seine Mitstreitenden einiges an Überzeugungsarbeit hätten leisten müssen.

Fazit aus der zweiten Sitzung: In der Diskussion waren sich Vortragende wie Teilnehmende einig, dass es praktische Beispiele, die auch erfolgreich seien, brauche, um die Transformation in eine postfossile Gesellschaft zu bewältigen. Hierfür braucht es Räume, in denen verschiedene betroffene und engagierte Menschen zusammen an Lösungsstrategien arbeiten können ebenso wie die gemeinsame Auseinandersetzung über dystopische und utopische Visionen, die eine post-fossile Gesellschaft beinhaltet und die potentiellen Konflikte, die mit einer solchen Transformation einhergehen (werden oder können). Für alle Vortragenden waren lokale (zivil-)gesellschaftliche Praxen dabei elementar.

Lilian Pungas an der Universität Wien bei einer Ringvorlesung „Ökologische Krise in Osteuropa“

flumen Mitarbeiterin Lilian Pungas hat am 7. November 2019 an der Universität Wien bei einer Ringvorlesung „Ökologische Krise in Osteuropa“ eine Vorlesung mit dem Titel „Ackern unter Hochspannungsleitungen und neben Ölschieferwerken in Estland“ gehalten.

Estland ist das einzige Mitgliedsland der Europäischen Union, das Ölschiefer seit Jahrzehnten ununterbrochen großindustriell nutzt und deswegen pro Kopf einen der höchsten CO2-Fußabdrücken in ganz Europa hat. Der heimische Ölschiefer bedeutet Versorgungssicherheit und verringert die Risiken einer Abhängigkeit vom großen Nachbarn im Osten. Paradoxerweise wird es im Osten des Landes abgebaut, wo die Mehrheit der russisch-sprachigen Bevölkerung Estlands wohnt, die schon im Laufe der 1990er Jahre von der Arbeitslosigkeit und Armut überproportional betroffen war und jetzt wegen steigenden CO2-Quotenpreisen die Schließung einiger übrig gebliebener Ölschieferwerke befürchtet. Eine wichtige sozioökonomische Resilienz für die dortige Bevölkerung stellen dabei die Gartenkooperativen, die sog. „dachas“ dar – ein Beispiel dafür, dass man trotz der vielen Widersprüche vor Ort ein nachhaltiges, Suffizienz-orientiertes Leben führen kann.