„Meist herrscht Einigkeit, es muss etwas gegen Klimakrise geschehen. Aber Gewohnheiten verändern, ist gar nicht leicht und was ist das richtige Tempo, damit der Wandel sozialverträglich funktioniert? Mit Sybille Giel diskutieren Erziehungswissenschaftler Prof. Fritz Reheis von der Universität Bamberg und Judith Kiss von der Universität Jena. In Zusammenarbeit mit der Evangelischen Akademie Tutzing, Tagung „Zeiten des Umbruchs“ 26.-28.04.2024″ (www.br.de)
Der Beitrag, der in der Sendung „Notizbuch: Bayern 2 debattiert“ auf BR am 04.04.2024 ausgestrahlt wurde, kann hier nachgehört werden.
Hinweis: Vom 26. bis 28. April 2024 findet die Tagung “Zeiten des Umbruchs. Perspektiven einer Ökologie der Zeit” in der Evangelischen Akademie Tutzing statt. Hier wird Judith Kiss über Zeiten hoher Unsicherheit, Angst vor zu schnellen Änderungen und Angst vor zu langsamen und nicht genügend starken Änderungen sprechen. Alle weiteren Programmpunkte und Referierende der Tagung sowie Informationen zur Anmeldung finden Sie hier.
Kathrin Böhling, Jana Holz und Ronja Mikoleit berichten vom ersten soziologischen Waldsymposium, bei dem rund 40 Teilnehmende im Dezember 2023 in Jena die Konfliktlinien rund um Wald, Klimawandel und Forstwirtschaft diskutierten.
„Soziologische und kulturwissenschaftliche Forschungsperspektiven auf Wald und Gesellschaft machen Implizites explizit, regen zur kritischen Reflexion über Krisen und Normalisierung an und können helfen, Wandel zu verstehen und mitzugestalten. Das beim Jenaer Waldsymposium gegründete Forschungsnetzwerk wird seine Aktivitäten fortsetzen.“
Das zweite soziologische Waldsymposium findet am 17./18. Oktober 2024 in Freiburg statt.
In der aktuellen Ausgabe der Rotunde, des Blogs der Evangelischen Akademie Tutzing, wurde ein Gastbeitrag von Judith Kiss veröffentlicht, der die Umfrageergebnisse der BioMentalitäten-Umfrage behandelt.
Diese werden auch auf der vom 26. bis 28. April 2024 geplanten Tagung “Zeiten des Umbruchs. Perspektiven einer Ökologie der Zeit” in der Evangelischen Akademie Tutzing thematisiert. Hier wird Judith Kiss mit Dr. Eberhard Faust über „Zeiten hoher Unsicherheit, Angst vor zu schnellen Änderungen und Angst vor zu langsamen und nicht genügend starken Änderungen“ sprechen. Alle weiteren Programmpunkte und Referierende der Tagung sowie Informationen zur Anmeldung finden Sie hier.
Angriffe auf (grüne) Politiker:innen, Bauernproteste, Demonstrationen für Demokratie, Erstarken der AfD, Energie- und Haushaltskrise, sich auf Kriegstüchtigkeit zuwendende Sicherheitspolitik – uns wird immer deutlicher vor Augen geführt, dass wir in Zeiten des Umbruchs leben. Vor Corona, also zu den Hochzeiten der Klimabewegung, überwog der Eindruck, ein Umbruch könnte eine sozial-ökologische Transformation hin zu einer klimafreundlichen und sozial gerechteren Zukunft bedeuten. Heute ist der Wandel mit großen Unsicherheiten verbunden. Wird Wandel im Sinne einer sozial-ökologischen Transformation überhaupt noch möglich sein? Wie lassen sich gesellschaftlichen Spannungen angesichts der heutigen krisenhaften sozialen, politischen und ökologischen Herausforderungen deuten?
Flumen liefert soziologisch fundierte Erklärungen für die gesellschaftliche Konflikthaftigkeit und Möglichkeiten des (Nicht-)Gelingens einer sozial-ökologischen Transformation. In einer deutschlandweiten repräsentativen ‚BioMentalitäten‘-Umfrage hat sie 4.000 Menschen zu ihren Mentalitäten, also ihren Einstellungen, Sichtweisen und Gefühlslagen bezüglich gesellschaftlich-ökologischem Wandel sowie zu ihren Alltagsgewohnheiten und sozio-ökonomischer Situation befragt. Anhand der Umfragedaten untersuchten Forscher:innen von flumen mentale und sozialstrukturellen Gegensätze innerhalb der deutschen Gesellschaft, die die gegenwärtigen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen um die sozial-ökologische Transformation kennzeichnen.
Der hier vorgestellte Forschungsbericht fasst die wesentlichen Auswertungsergebnisse zusammen. Darüber hinaus ist eine Buchveröffentlichung im Campus Verlag für den Sommer 2024 geplant. Im Buch erhalten die Leser:innen detailliertere Ausführungen, beispielsweise zur Verortung der flumen-Studie in die Deutungslandschaft anderer empirischer Studien zu sozial-ökologischer Transformation als Konfliktfeld, zum Inhalt und zur Methodik der flumen-Umfrage, zum Analyseverfahren bei der Auswertung der Daten und zu den verschiedenen Deutungsergebnissen.
Die Umfrageergebnisse zeigen, dass die Einstellungen der Menschen in den Fragen, ob, wie schnell und in welcher Form eine sozial-ökologische Transformation notwendig sei, teils eklatant auseinandergehen – und dass diese Meinungen tendenziell mit den sozialen Lagen der Menschen und den damit verbundenen Interessen zusammenhängen. Dies deuten die Autor:innen als einen neuen sozial-ökologischen Klassenkonflikt.
Es wird deutlich, dass es sich nicht einfach um eine gesellschaftliche Spaltung zwischen Gegnern und Befürwortern einer sozial-ökologischen Transformation handelt. Es ist zudem auch kein grundsätzlicher gesellschaftlicher Konsens erkennbar, bei dem eine Mehrheit in der deutschen Bevölkerung der Notwendigkeit einer Transformation grundsätzlich zustimmt und anderslautende Einstellungen eher von Minderheit geäußert würden. Entlang mehrerer Konfliktdimensionen stehen sich in der deutschen Gesellschaft vielmehr zehn Mentalitäten mit je spezifischen sozialen Lagen und daran anknüpfenden Interessen gegenüber. Sie können zu drei Mentalitätsspektren zusammengefasst werden: das ökosoziale Spektrum, das zügige und entschlossene Transformation fordert, das konservativ-steigerungsorientierte Spektrum, das die gewohnte, auf Wachstum fixierte Lebens- und Wirtschaftsweise gegenüber Veränderung verteidigt, und das defensiv-reaktive Spektrum, das geprägt ist von Resignation und Rückzug bis hin zu wütender Abwehr gegen ‘grüne’ und transformative Initiativen.
Der neue sozial-ökologische Klassenkonflikt als mehrdimensionaler Konflikt wird entlang von mentalen wie sozialstrukturellen Gegensätzen beschrieben, und es werden vier solche Konfliktlinien unterschieden: der Abstraktionskonflikt zwischen ‚Oben‘ und ‚Unten‘, in dem große Teile der Bevölkerung vor allem im unteren Sozialraum sich von gesellschaftlichen Steigerungserwartungen und beschleunigten Veränderungsprozessen überfordert und darüber von ‚der Gesellschaft‘ überhaupt entfremdet sehen, was Ressentiments und regressive Abwehrbewegungen gegen „die da Oben“ hervortreibt; der Lebensweisekonflikt zwischen privaten Eigentumsinteressen und Bedarfen an öffentlichen, geteilten Infrastrukturen der alltäglichen Bedürfnisbefriedigung; der Veränderungskonflikt um das Ob, die Reichweite, die Kosten und Lasten der Transformation; und schließlich der Externalisierungskonflikt um die Kostenauslagerung der bisherigen fossilen Lebensweise.
Abschließend werden Gefahren und Chancen dieser Konfliktlage skizziert und mögliche Elemente einer dafür sensibilisierten Transformationspolitik vorgeschlagen.
Eversberg, Dennis / Fritz, Martin / von Faber, Linda / Schmelzer, Matthias (2024): Der neue sozial-ökologische Klassenkonflikt: Mentalitäts- und Interessengegensätze im Streit um Transformation. Forschungsbericht der BMBF-Nachwuchsgruppe „Mentalitäten im Fluss (flumen)“, Jena. Friedrich-Schiller-Universität, Institut für Soziologie, Jena. https://doi.org/10.22032/dbt.59592
Vom 20.2. bis 23.2. nimmt flumen Mitarbeiter Dr. Martin Fritz an einem von der DFG und der Villa Vigoni gefördertem Deutsch-Italienischem Forschungsaustausch teil.
Die Konferenz bringt vor dem Hintergrund aktueller Dekarbonisierungspolitiken sozialwissenschaftliche Forschung zur „grünen Transformation“ in Europa zusammen und beleuchtet sie in einem breiteren gesellschaftspolitischen Kontext. Viele sozialwissenschaftliche (Teil)Disziplinen beschäftigen sich inzwischen mit der „grünen Transformation“ – die Debatten werden jedoch häufig getrennt geführt. Die Konferenz bietet einen Rahmen für Austausch und gemeinsame Forschungsprogrammentwicklung. Dr. Martin Fritz wird die Arbeit und den Ansatz von flumen vertreten einen Vortrag halten mit dem Titel „Conflicting mentalities and interests in the social-ecological transformation“.
Ronja Mikoleit, Jana Holz, Dr. Anne Saave und Ronja Schröder haben im Blog des Journals Soziologie und Nachhaltigkeit – Beiträge zur sozial-ökologischen Transformationsforschung (SuN) einen Tagungsbericht zum ersten Soziologischen Waldsymposium am 01. Dezember 2023 an der Friedrich-Schiller-Universität Jena verfasst.
Auf der Abendveranstaltung „Der neue sozial-ökologische Klassenkonflikt. Mentalitäts- und Interessengegensätze im Streit um Transformation“ stellt Dennis Eversberg die Ergebnisse der flumen-Umfrage BioMentalitäten 2022 vor.
Die Veranstaltung findet statt am Donnerstag, den 22.02.2024, 18:00 Uhr an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg (Campus Haarentor, A1 0-005).
Klima- und Ressourcenschutz zwingt vor allem zu weitreichenden Änderungen der Wirtschafts- und Lebensweise in den nord-westlichen Industrieländern. Damit sind tiefgreifende gesellschaftliche Konflikte verbunden. Einerseits erscheinen diese Veränderungen als Bedrohung eines sozial oder wirtschaftlichen Abstiegs. Andererseits werden noch viel weitreichendere Transformationsschritte eingefordert als derzeit politisch umgesetzt werden.
Die Widerstände gegen die Transformation entzünden sich schon jetzt anhand relativ bescheidener Transformationsschritte: Streichung der Diesel-Subventionen im Agrarbereich, Vorgaben für Heizungssysteme, Erhöhung der CO2-Steuer oder Subventionen für E-Autos. Dahinter, so die These von Dennis Eversberg, verbirgt sich ein neuer sozial-ökologischer Klassenkonflikt, der heute genauso gesellschaftsprägend ist wie der ‚alte‘ industrielle Konflikt zwischen Kapital und Arbeit. Basierend auf aktuellen repräsentativen Umfragedaten werden einer neuen Studie Zusammenhänge zwischen sozial-ökologischen Mentalitätsunterschieden und sozialen Lagen unter Rückgriff auf Bourdieu analysiert, die den sozial-ökologischen Klassenkonflikt strukturieren.
In der Veranstaltung werden die Ergebnisse vorgestellt und diskutiert. Droht die Transformation aufgrund massiver Widerstände zu scheitern? Wird die Dimension der sozialen Ungleichheit bei der Bewältigung der Transformationsrisiken zu wenig berücksichtigt? Wie werden individuelle Verantwortungszuschreibungen für klimaneutrales Handeln subjektiv bewertet? Und welche politischen Schlussfolgerungen lassen sich aus den Ergebnissen für eine sozialgerechte und durchsetzungsfähige Transformationsstrategie ziehen?
Zusammen mit Dr. Anna Saave von der Nachwuchsgruppe „BioMaterialities“ an der Humboldt-Universität zu Berlin hat Jana Holz im Blog Postwachstum einen Beitrag verfassst, der die Forstwirtschaft (u.a. in Finnald) aus einer Degrowth-Perspektive analytisch betrachtet.
The environmental crisis, increased inequality and an aging population are likely to increase the demand for welfare services in the OECD countries. Economic growth has long been seen as a solution to these problems. However, this is no longer the case. Very few countries have managed to decouple economic performance from ecological footprints and greenhouse gas emissions. Even where this has been achieved, the rates of emission-decline are too slow to match the Paris climate targets. Consequently, interdisciplinary research is key to probe how welfare systems may cope with these challenges, and how welfare provision and economic growth may be decoupled. By drawing on the basic human needs approach and a unique set of data, we explore the social and ecological performances of OECD countries relative to their economic performances. While high-income countries display diminishing welfare returns as economic performance is not improving the satisfaction of health-related needs, the lower-income countries might yield significant surplus if moving to the level of moderate-income countries. However, the satisfaction of autonomy-related needs is so far strongly coupled to economic performance and thus much harder to achieve in an ecologically sustainable way.
Paulsson, Alexander / Koch, Max / Fritz, Martin (2024): Diminishing returns of growth? Economic performance, needs satisfaction and ecological impacts of OECD welfare states. In: Critical Social Policy, 0(0). https://doi.org/10.1177/02610183231218971